Abenteuerurlaub in Krisengebieten? (Teil 2)

1. Februar 2014 | Von | Kategorie: Reiseblogger, Tipps & Sonstiges

Reisen in Krisengebiete. Ja oder Nein? (Teil 2)

Reisen in Krisenregionen. Ja oder Nein? Wie steht ihr als Reiseprofis zu diesem Thema? Diese Frage habe ich verschiedenen Reisebloggern gestellt. Viele interessante Antworten erreichten mein Postfach. So viele, dass ich den Beitrag in drei Teile aufgeteilt habe um die Übersichtlichkeit zu erhalten. Im Folgenden der zweite Teil der eingegangenen Antworten.

Wer Teil 1 noch nicht gelesen hat kann das hier „Abenteuerurlaub in Krisengebieten (Teil 1)“ nachholen.
 

Sören vom Fluchtplan – Reiseblog
Als Krisengebiete sehe ich in diesem Zusammenhang erst einmal die Länder und Regionen, für die das Auswärtige Amt eine (Teil-)Reisewarnung ausgegeben hat. Wer meint, ausgerechnet jetzt nach Syrien oder in die Zentralafrikanische Republik reisen zu müssen, soll dies tun. Das verurteile ich in keiner Weise. Ich denke auch nicht, dass dies eine Art „Gaffer-Tourismus“ wäre. Jeder wird seinen Grund haben, ausgerechnet jetzt dorthin zu reisen. Allerdings darf sich dann auch niemand wundern, wenn er sich in einer bedrohlichen Lage wiederfindet.
Ich denke, jeder Reisende ist alt genug, um Gefahren an sich oder das Gefahrenpotenzial einer Situation selbst einschätzen zu können. Doch wenn jemand Verantwortung trägt – für seine Partnerin und für seine Kinder zum Beispiel – würde ich es mir an seiner Stelle doppelt und dreifach überlegen, mich einem Risiko auszusetzen.

Da ich hauptberuflich als Redakteur im sicherheitspolitischen Bereich tätig bin, werde ich im Februar einen Lehrgang besuchen, bei dem Journalisten darauf vorbereitet werden, sich in Krisenregionen richtig zu verhalten und selbst zu schützen. Ich habe die Hoffnung, nie wirklich anwenden zu müssen, was ich dort lerne. Ich bin dankbar, dass der Krieg nicht zu uns nach Europa kommt, da muss ich nicht zum Krieg kommen.
Von einem Kollegen habe ich Geschichten gehört, dass etwa im Irak 50 Meter von ihnen entfernt jemand erschossen wurde oder in der Nähe eine Granate einschlug. Eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichten würde.

Sören Peters
(Foto: Sören Peters)

Anja vom Food- and Travelblog Travel on Toast
Ich würde nie absichtlich in eine Krisenregion reisen. Reisen ist für mich Entspannung, Abenteuer und neue Erfahrungen sammeln – so sicher wie möglich.
Wenn ich über ein Reiseziel nachdenke, berücksichtige ich z. B. die politische Lage, Kriminalität und eventuelle Katastrophen wie Hurricans oder Vulkanausbrüche.
Im Moment bin ich für einen Monat in Asien. Ich bin in Thailand gestartet und wollte nach Kambodscha und Vietnam dort noch Zeit verbringen.
Doch es gibt anhaltende Proteste von Regierungsgegnern in Thailand. Bei den Protestmärschen in Bangkok kam es zu Explosionen und Schießereien, bei denen mehrere Menschen getötet und zahlreiche verletzt wurden.
Eigentlich wollte ich das Chinesische Neujahrsfest in Bangkok erleben. Doch mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dort in einer Menschenmenge zu sein. Deshalb verbringe ich die Feiertage in Saigon.

Anja Beckmann
(Foto: Anja Beckmann)

Phil vom Reiseblog Killerwal.com
Irgendwie ist es ein mulmiges Gefühl. Wo heute Vitali Klitschko und tausend Demonstranten seit mehreren Wochen ausharren und gegen die aktuelle Regierung der Ukraine demonstrieren, standen Conny und ich noch vor gut drei Jahren bei herrlichstem Sonnenschein. Nur wenige Meter von dem Ort entfernt, an dem heute brennende Barrikaden stehen, aßen wir damals eine Kleinigkeit nach dem Sightseeing: Gemeint ist der Майдан Незалежності (=Majdan). Der so in der letzten Zeit zitierte Unabhängigkeitsplatz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

Gerade wir als Reisende merken immer wieder, wie nah man großen und denkwürdigen Ereignissen der Menschheit kommen kann. Viele Orte klingen in Geschichtsbüchern so unendlich weit entfernt. Aber wie schnell ist man als Tourist nicht nur an solch denkwürdigen Orten wie dem Schauplatz des „Aufstands im Warschauer Ghetto“, dem „Prager Fenstersturz“ oder auch dem „Sturm auf die Bastille“.
Und manchmal sind es nicht nur Ereignisse aus der Vergangenheit. Manchmal steckt man sogar mitten in der Gegenwart in einer Krisenregion. So dürfte es im Moment jedem Touristen gehen, der die Pyramiden in Kairo bewundern will.

Natürlich sollte die persönliche Sicherheit immer an erster Stelle stehen. Auf der anderen Seite ist es gut, nicht wegzuschauen und bewusst solche Regionen zu bereisen. Gerade wir als Touristen sind Botschafter, die unsere ganze persönlichen Eindrücke mit den Daheimgebliebenen teilen und so unverfälscht über die Realität vor Ort berichten. Solche Reisen sind für mich kein „Abenteuer-Urlaub“. Vielmehr sind solche Trips ideal um ein unvoreingenommenes Bild der Lage vor Ort zu bekommen und eine Chance für mehr Toleranz und Verständnis.

Phil Klever
(Foto: Phil Klever)

Katharina von ReiseWorldTV
Beim Reisen gilt wie beim Straßenverkehr: Safety first! Ich habe dazu also eine eher konservative Einstellung, die so manchem Abenteuer-Backpacker zuwider laufen wird oder zumindest bieder erscheint. Ja, reisen erweitert den Horizont und manchmal muss man auch ungewöhnliche Wege gehen und sich durchringen. Sicher ist es nicht ungefährlich, mit Stachelrochen zu tauchen, aber ich habe es gemacht und es bleibt mir als tolle Erinnerung fürs Leben. Allerdings muss man sagen, dass diese Stachelrochen in der Lagune von Bora Bora schon seit Jahrzehnten rangefüttert werden und sozusagen teilweise domestiziert sind. Worauf ich hinaus möchte: Es kommt auch immer auf die Umstände an und die jeweilige Risikobewertung. Bei Reisezielen hat man es da praktisch, das Auswärtige Amt übernimmt das für einen. Einmal auf die Website geschaut und schon weiß man im Groben über das Reiserisiko Bescheid.

Bei unserer Weltreise waren wir auch zu Gast in Guatemala, was als einer der gefährlichsten Länder der Welt gilt. Hohe Armut, sehr hohe Mordraten, und kaum ein Mord wird aufgeklärt. Wie unser Video zeigt, waren wir dort mit einer Reisegruppe mit Begleitschutz unterwegs, ein Pickup mit bewaffneten Polizisten. Keiner weiß, ob der Begleitschutz nicht im Zweifelsfall auch geschmiert werden könnte und dann die Seiten wechselt. Aber man geht erstmal davon aus, dass man sicherer ist als ohne.

Dann wäre da noch der Punkt, ob man in einer Reisegruppe sicherer ist. Einerseits kann man alleine schneller überfallen werden, andererseits ist ein ganzer Reisebus auch eine attraktive Beute für Terroristen, die z.B. Lösegeld erpressen wollen.

Nach meiner eigenen Erfahrung kann ich nun sagen: In Länder, in denen man solche Abwägungen treffen muss, sollte man nicht reisen. Es gibt so unzählig viele Orte auf dieser Welt, die sich lohnen, bereist zu werden, und die kein hohes Sicherheitsrisiko bergen. Warum sollte man dann unbedingt in ein Krisengebiet fahren? Um sich selbst oder anderen etwas zu beweisen? Wir sprechen hier wohl gemerkt vom Reisen, nicht von unerschütterlichen Helfern, die in Krisengebiete fahren, um anderen Menschen zu helfen. Ein paar Touristen auf Abenteuerlust helfen da aber sicher nicht.


 

Maria vom Online-Reisemagazin Kofferpacken.at
Dass man in keine unmittelbare Krisenregion reist, ist klar. Man will sich weder selbst gefährden noch am Schicksal anderer Menschen ergötzen. Die Grenzen sind aber meist schwammig. Deshalb informieren wir uns vor Reisen unter anderen auf der Website des österreichischen Außenministeriums über die aktuelle Lage. Allerdings sollte man sich nicht gleich abschrecken lassen, wenn es zum Beispiel politische Unruhen gibt. Meist sind nur bestimmte Regionen eines Landes betroffen. Und: Tourismus in (ehemaligen) Konfliktregionen kann Land und Leuten helfen! Grundsätzlich halten wir uns an lokale Verkehrsmittel, Unterkünfte und Kontakte vor Ort – so unterstützen wir die lokale Bevölkerung am besten.

Maria Kapeller
(Foto: Maria Kapeller)

Tina vom Reise & Kulinarik Blog Miss Porridge
Bevor ich mich näher mit der Reiseplanung, oder auch Buchung des Fluges, beschäftige überprüfe ich immer noch kurz die aktuellen Sicherheitshinweise beim Auswärtigen Amt. Reisen in Länder mit Reisewarnung halte ich für sehr leichtsinnig, gleiches gilt für Regionen mit deutlichen Warnhinweisen.

Anders sieht es aus, wenn ein Reiseziel kurz vorher von einer Naturkatastrophe heimgesucht wurde, buche ich nicht pauschal bin ich fast schon gezwungen, in den Flieger zu steigen oder ich nehme den Verlust des Flugpreises in Kauf. Hier kann das eine als akute Aufbauhilfe betrachtet werden, immerhin wird die Wirtschaft vor Ort untersützt und damit auch direkt die Bevölkerung. Allerdings würde ich immer genau abwegen ob ich nicht wichtige Ressourcen, wie Wasser & Lebensmittel, verbrauche. Dann ist ein Weiterreisen in ein Nachbarland die bessere Entscheidung. Der Taifun der die Philippinen im November heimsuchte, zerstörte zwar weite Teile des Inselparadises, es gab auch Regionen die nicht betroffen waren, wo aber das Ausbleiben von Touristen nachhaltig die Bewohner beeinträchtigten würde. Auf den Bauch hören gehört hier für mich zur Überlegung.

Tina Seidling
(Foto: Tina Seidling)
 

Wie ist deine Meinung zu diesem Thema? Warst du bei deinen Reisen schon mal in einer Krisenregion? Was spricht deiner Meinung nach dafür, was dagegen?
Wir freuen uns auf deinen Kommentar.

 
Abenteuerurlaub in Krisengebieten (Teil 3)

 
 

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